Kritiken
Premiere: 22.11.2024, Stadttheater Lippstadt
Lippstadt – 40 Jahre und kein bisschen leise: Vor genau vier Jahrzehnten brachten Andreas Boxhammer, Hans-Peter Königs und Hermann-Josef Skutnik zu Beginn ihres Referendariats ihr allererstes Programm auf die Bühne. Kurze Zeit später kam Kollegin Brigitte Lämbgen dazu. Zeit für eine Rückschau. Mit der Premiere des Programms „40 Jahre Adolphinum – die Analyse“ hat das Lehrer-Kabarett-Quartett die daktiker am Freitag das Lippstädter Publikum auf der Studiobühne zum Toben gebracht.
Los geht’s damit, dass Lehrer Volker Müller-Liebenstreit (Hermann-Josef Skutnik), nach wie vor einziger „Angestellter“ im Kollegium des fiktiven Adolphinum-Gymnasiums, einen Brief schreibt. Während der sanfte Pädagoge mit der leichten Rechtschreibschwäche, der bis zuletzt auf seine „fristlose Beförderung“ gewartet hat, auf die Tasten seiner antiquierten Schreibmaschine eindrischt, erklingt der Inhalt des Textes aus dem Lautsprecher. Das Schreiben an die NRW-Schulministerin Dorothee Feller ist ein Dank für deren Glückwünsche zum Jubiläum und dafür, sozusagen als Task Force („Task Force jetzt mit h?“) in Sachen Evaluation ausgewählt worden zu sein. Es folgt ein herrlich komischer Rückblick, in dessen Verlauf das Vergangene analysiert, sprich, zur Freude des Publikums mit einigen der schönsten Programmpunkte noch einmal präsentiert wird.
Aber natürlich wird auch Neues serviert. Schließlich hat sich in der Schullandschaft einiges getan. Beispielsweise, so resümiert Hilde Lengowski (Brigitte Lämbgen), inzwischen zur Schulleiterin avanciert, spreche man heute nicht mehr von Lehrern und Schülern, sondern von Trainern und Trainees. Und dann gibt’s ja auch noch die Digitalisierung. Alles „für’n Apple und ‘nen Ei“. Das digitalisierte Klassenzimmer wird mit einem kleinen Sketch herrlich auf die Schippe genommen. Statt Laptops benutzt das Ensemble zwar alte Farbmalkästen als Requisite, das tut dem Spaß aber keinerlei Abbruch. Im Gegenteil.
Aus der einstigen Lehrerschwemme ist längst Lehrermangel geworden. Quereinsteiger werden zur „letzten Rettung“. Es gibt eigene Informationsabende für Eltern aus bildungsfernen Stadtteilen und Förderangebote, wie beispielsweise „Autowäsche für Autisten“. Leider aber ebenfalls zunehmenden Austausch mit „außerschulischen Partnern“ wie Polizei und Jugendamt. Ja, das Ensemble legt auch Finger in Wunden. Da schützt nur die Komik vor dem Schmerz.
Natürlich wird auch gesungen und musiziert, es kommen Gitarre, Saxofon, Flöte und Akkordeon zum Einsatz. Besonders Hans-Peter Königs, der den Oberstudienrat Karl-Eduard Krick wieder mimisch und gestisch herrlich amüsant ver(lehr)körpert, begeistert mit einer wunderbaren Singstimme. Andreas Boxhammer sorgt für Lacher mit seiner ganz besonderen Mimik. Neben seiner Rolle als Lehrer Willi R. Lass ist er auch als Hausmeister Maus zu sehen.
Das Publikum erlebt noch einmal, wie sich Müller-Liebenstreit und Lengowski bei einer Klassenfahrt näher kommen und Fontanes literarische Antwort auf die Frage, wer John Maynard ist, sorgt als Rap nach wie vor für Lachtränen. Ebenso wie der immer wieder umwerfende Dr. Bass-Song. Das Ensemble kommt nicht ohne vier Zugaben von der Bühne. Das Publikum trampelt mit den Füßen, springt von den Sitzen und applaudiert begeistert.